Herbert Brühwiler
1946 bis 2020 - Intellektueller, Bauer, Handwerker und Künstler
Herbert ist am 1. Dezember 1946 als Sohn eines Primarlehrers und Kirchenmusikers und einer tüchtigen und sparsamen Hausfrau in Romanshorn TG geboren. Er war der Vierte von sechs Geschwistern.
Er lernte früh, die Musik zu lieben. Sein Vater an der Orgel und als Dirigent eines Gesangs-Ensembles hatte auf den Buben Herbert eine grosse Anziehungskraft.
Er lernte mit diesem Vater aber auch früh, dass er dessen Ansprüchen wohl kaum je würde genügen können.
Doch Herbert war ein Kämpfer.
So wurde er erst einmal Lehrer, um dem Vater zu zeigen: «Was Du kannst, kann ich auch.»
Lange suchte er auch in der Musik einen Weg. Als Kind war er ausser sich vor Glück, als er das erste Mal mit Schwester, Bruder und Vater beim Quartett auf seiner Flöte mitspielen durfte, und musste derart lachen, dass er gar nicht mehr spielen konnte. Die Trompete löste dann die Flöte ab, und in der Gitarre fand Herbert schliesslich sein Instrument.
Herbert wurde nach seiner Tätigkeit als Lehrer Psychologe und setzte sich für neue selbstbestimmtere Formen des Lernens ein. Seine Erwerbsarbeit musste aber immer Platz lassen für Garten und Reben, Kochen und für sein Gitarrenspiel. Er übte täglich und setzte sich selbst hohe Massstäbe. Musik zu machen, erfüllte ihn, und doch schien ihm etwas nur vage Benennbares immer noch zu fehlen, er spürte, dass er noch etwas anderes brauchte.
Herbert war voll von inneren Bildern, die nach Ausdruck drängten. Anfangs wusste er nicht, welches sein Medium werden würde, er begann zu schreiben, zu malen und mit Holz zu experimentieren und allmählich lösten diese Ausdrucksformen das Gitarrenspiel ab.
1989 war der Anfang seines Lebens als bildender Künstler. Die innere Dringlichkeit, die Künstlerseite zu leben, war immer stärker geworden, und so wagte Herbert den Schritt aus der ökonomischen Sicherheit hinaus und reduzierte seine Berufsarbeit konsequent. Herbert war ein ausgesprochener Autodidakt. Er lernte, übte, probierte aus – mit unendlicher Geduld und Beharrlichkeit. Als Künstler entwickelte er eine eindrückliche Produktivität.
Ein erstes Mal konnte er seine Bilder in einer Gemeinschaftspraxis in Zürich ausstellen. Damit erfuhr er auch, was es heisst, sich mit seinen Werken auszusetzen. Wenn auch das Echo positiv war und die Bilder gefielen, fehlten ihm doch qualifizierte Rückmeldungen. Dieses Thema begleitete ihn in seiner Künstlerlaufbahn: Sich selbst als Kunstschaffenden zu sehen und auch von Aussen als solcher wahrgenommen zu werden.
Die erste Ausstellung, in der er viel Beachtung und Bestätigung erfuhr, fand 1997 statt, eine Bilderausstellung in den Räumen der Bildungsinstitution Agogis, die ihm sein Freund Otto Egli, der dort die Weiterbildung leitete, vermittelt hatte. Diese Ausstellung war eine Art Durchbruch.
1998 konnte er an einer Wanderausstellung des Vereins Schweizerischer Holzbildhauer das erste Mal Werke aus Holz zeigen.
Im Jahr 2000 zeigte er im Kunsthaus Richterswil in einer Einzelausstellung Skulpturen und Aquarelle. Diese Ausstellung war für ihn eine grosse Anerkennung seines künstlerischen Schaffens.
Es folgten zahlreiche Gruppen- und Einzelausstellungen.
Eine der sehr besonderen und für alle, die sie sehen konnten, unvergessliche Ausstellung war jene mit den Wasserskulpturen im Seebecken von Horgen. Schlanke schwimmende Gestalten, hergestellt aus Holz, das der Lotharsturm umgehauen hatte, bewegten sich sachte schaukelnd auf dem See. «Seelenholz» nannte Herbert sie. Selbst die Frage, wie man Skulpturen im Wasser verankert, hatte Herbert nicht entmutigen können. Wie stets, liess er sich auch hier von schwierigsten Bedingungen nicht blockieren, sondern suchte nach Lösungen, bis er sie gefunden hatte.
Herbert arbeitete in einer sehr kleinen Werkstatt. Grosse Skulpturen musste er draussen bearbeiten. Die Werkstatt war im Winter dunkel und kalt. Deshalb war er im Sommer mehrheitlich Skulpteur und im Winter eher Maler. Weil er die Bewegung im Raum so liebte, begann er, als Winterarbeit, mit Draht zu arbeiten und schuf zahlreiche zarte Drahtfiguren, die er einmal als «Linien im Raum» bezeichnete.
2016 hat Herbert einen Werkkatalog herausgegeben «Skulpturen, Bilder, Drahtobjekte». Der Katalog zeigt die Kurzform seines Schaffens bis an sein Lebensende.
Am 18. Februar 2020 ist Herbert Brühwiler verstorben.